Chorea Huntington - DocCheck Flexikon (2024)

nach dem US-amerikanischen Neurologen George Huntington (1850-1916)
Synonyme: Veitstanz, Chorea major, Morbus Huntington
Englisch: Huntington's disease

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Definition
  • 2 Genetik
  • 3 Ätiologie
  • 4 Epidemiologie
  • 5 Symptomatik
  • 6 Verlauf
  • 7 Diagnostik
  • 8 Therapie
  • 9 Prognose
  • 10 Weblinks
  • 11 Literatur

Definition

Die Chorea Huntington ist eine genetisch bedingte, durch Hyperkinesen gekennzeichnete neurologische Erkrankung. Sie zählt neben dem Ballismus zu den hypoton-hyperkinetischen Bewegungsstörungen.

Genetik

Die Chorea Huntington wird autosomal-dominant vererbt. Der krankheitsverursachende Gendefekt befindet sich im Huntingtin-Gen (HTT) auf Chromosom 4 (4p16.3). Es kommt zu einer Amplifikation sogenannter Triplett-Repeats (CAG), die zu einer Instabilität des kodierten Genprodukts führt. Eine Korrelation zwischen der Anzahl der Triplett-Repeats und dem Manifestationsalter der Chorea Huntington konnte nachgewiesen werden. Patienten mit mehr CAG-Repeats erkranken deutlich eher als Betroffene mit weniger Repeats. Ab etwa 40 CAG-Repeats liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei 100%.

Eine hohe Anzahl von Triplett-Repeats bedingt im Allgemeinen eine frühe Krankheitsmanifestation. Dabei gilt das Phänomen der Antizipation, bei dem die Anzahl der Repeats von Generation zu Generation zunimmt und das Manifestationsalter abnimmt, was ebenso typisch für viele weitere Trinukleotiderkrankungen ist. Zu beachten ist, dass bei Vererbung des Gendefekts durch den Vater die Anzahl der Triplett-Repeats stärker zunimmt als bei mütterlicher Vererbung. Dies führt bei paternaler Weitervererbung wiederum zu einem früheren Auftreten der Erkrankung sowie zu einer raschen Progredienz. Eine frühe Manifestation der Chorea Huntington ist daher häufiger bei einer Vererbung durch den Vater zu erwarten.

Ätiologie

Die krankheitsinduzierenden Mechanismen, die durch den Gendefekt entstehen, sind bis heute (2022) nicht vollständig verstanden. Pathologischen Untersuchungen zufolge ist eine Degeneration GABAerger Neurone im Striatum und assoziierten Hirnarealen festzustellen. Außerdem weisen Neurone bzw. Neuriten Ubiquitin-positive Einschlüsse sowie Akkumulationen des Huntingtin-Proteins auf.

Epidemiologie

Die Chorea Huntington weist eine Prävalenz von ca. 4 bis 10 pro 100.000 Einwohner auf. Bestehende regionale Unterschiede in der Prävalenz können bisher nicht erklärt werden. Der Altersgipfel für die Manifestation ist abhängig von der Anzahl der CAG-Repeats. Bei 36 bis 60 Repeats tritt die Krankheit zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf, bei über 60 Repeats bereits zwischen dem 13. und 20. Lebensjahr. Es besteht kein Häufigkeitsunterschied zwischen den Geschlechtern.

Symptomatik

Auffälligstes Symptom sind plötzlich eintretende unwillkürliche Hyperkinesen (motorische Unruhe) der distalen Extremitätenabschnitte (z.B. Klavierspielbewegungen der Finger) und des Gesichts (z.B. Grimassieren, Zunge ausstrecken). Durch unwillkürliche Kontraktionen der Muskulatur im Schlundbereich entstehen eine Dysarthrophonie und Dysphagie. Des Weiteren typisch für die Huntington-Krankheit ist die Unfähigkeit, die Zunge für eine längere Zeit herauszustrecken (sog. Chamäleonzunge).

Anhaltende Hyperkinesen im Rahmen der Chorea bedingen eine Rigidität der betroffenen Muskeln. Im weiteren Verlauf der Erkrankung breiten sich die Hyperkinesen auf weitere Muskelpartien aus. Durch die ständigen Muskelkontraktionen ist der Energieverbrauch der Betroffenen erhöht. In späten Stadien der Erkankung treten anstelle der Hyperkinesen vermehrt Dystonien in Verbindung mit einer gestörten Feinmotorik auf. Der Patient erscheint verkrampft und zurückgezogen.

Die Psyche und die kognitiven Fähigkeiten des Patienten sind häufig bereits vor dem Auftreten der motorischen Auffälligkeiten beeinträchtigt. Affektive Störungen im Sinne einer Manie oder Depression werden häufig beobachtet. Der Abbau kognitiver Fähigkeiten führt im Verlauf der Erkrankung zu einer Demenz. Viele betroffene Patienten wirken teilnahmslos und desinteressiert gegenüber ihren eigenen Problemen und der Umwelt. Huntington-Patienten weisen eine erhöhte Suizidneigung auf.

Verlauf

Chorea Huntington bleibt zunächst oft unbemerkt. Die Krankheit verläuft über 10 bis 20 Jahre fortschreitend, betroffene Patienten werden vermehrt pflegebedürftig. Durch Probleme bei der Essensaufnahme und ständig erhöhten Energieverbrauch kommt es häufig zu einer Kachexie. Die meisten Patienten versterben innerhalb von 15 Jahren nach Manifestation der Erkrankung.

Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der klinischen Symptomatik der betroffenen Patienten. Ein klinisches Zeichen ist das Gordon-Kniephänomen: Beim Auslösen des Patellarsehnenreflexes im Sitzen verharrt das Bein oft in gestreckter Haltung.

Der Gendefekt auf Chromosom 4 ist durch spezifische Gendiagnostik nachzuweisen. Die PET erlaubt noch vor Einsetzen der Atrophie den Nachweis einer gestörten Utilisation von Glucose. In der MRT ist eine Atrophie des Striatum (insbesondere Nucleus caudatus) mit konsekutiver Erweiterung der Seitenventrikelvorderhörner nachzuweisen.

Therapie

Bisher existiert keine kausale Therapie der Chorea Huntington. Therapeutische Maßnahmen dienen einerseits der Linderung von Symptomen und andererseits der Verlangsamung der Progredienz.

Elementarer Bestandteil der Therapie ist die Krankengymnastik, durch die der Patient eine höhere Sicherheit im Umgang mit den Hyperkinesen gewinnt. Eine logopädische Betreuung kann zur Beherrschung einer Dysarthrophonie hilfreich sein.

Medikamentös werden zur Hemmung der Hyperkinesen Neuroleptika (z.B. Sulpirid, Tiaprid) oder Tetrabenazin eingesetzt. Eine begleitende Psychotherapie sollte nach Möglichkeit immer mit in das Therapiekonzept eingebunden werden.

Eine humangenetische Beratung betroffener Patienten ist stets geboten.

Prognose

Die Chorea major Huntington verläuft konstant progredient. Es hat sich gezeigt, dass Stress den Verlauf beschleunigt, wohingegen günstige Lebensumstände den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Nach 15 Jahren lebt noch ungefähr 1/3 der Patienten. Die häufigsten Todesursachen sind Ateminsuffizienz und Aspirationspneumonie.

Literatur

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